Lernen / Wissen als Feind?

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Viele hetzen durch ihre Ausbildungszeit, in dem Glauben dann mit besseren Chancen auf dem Arbeitsmarkt rechnen zu dürfen. Alles was mit Lernen im Zusammenhang steht, sieht man als große Last, die so schnell wie möglich abgehakt werden sollte.

Das Prinzip des lebenslangen Lernens, welches in unserer Wissensgesellschaft einen so wichtigen Platz einnimmt, ist dann allerdings noch nicht angekommen. Denn mit dem Lernen ist man niemals wirklich fertig.

Und spätestens wenn wir seit Jahren mit beiden Beinen im Berufsleben stehen und keinerlei Weiterbildungen mehr besucht, und uns auch nicht autodidaktisch weitergebildet haben, merken wir: uns fehlen Lernprozesse und sichtbare Fortschritte. Denn dadurch steigt unser Kompetenzempfinden, unser Selbstbewusstsein und unsere Kreativität.

Besonders wenn wir uns unserer Sache sicher sind, glauben angekommen zu sein und mal gediegen die Füße hochlegen zu dürfen, entwickeln wir ein großes Desinteresse am Lernen. »Wir wissen ja eh schon alles« was wir für unseren Arbeitsbereich wissen müssen und sind erfolgreich damit. Mit dieser Einstellung verabschieden wir uns allerdings unbewusst vom Wissensdurst per se. Und das kann schwerwiegende Folgen für unsere weitere »Lernkarriere« haben. Das Gefühl eh schon alles zu wissen behindert nämlich unsere gesunde Neugierde und unseren Lernwillen auch für die Zukunft.

Die leere Tafel

Nach Aristoteles ist die Seele »tabula rasa« (eine leere Tafel), auf die Sinneseindrücke eingetragen werden. Lernen bedeutet so gesehen, Aufnahme und Speicherung von Sinnesdaten. Was aber wenn diese Tafel (gefühlt) bereits ziemlich voll ist? Wie schaffen wir hier Platz für Neues?

Natürlich gibt es physisch gesehen sehr viel mehr Platz auf dieser leeren Tafel unseres Gehirns als wir tatsächlich ausschöpfen, aber um den leeren Platz zu nutzen braucht es unsere Bereitschaft zum Lernen, die man nur mit der richtigen Herangehensweise erzielt.

»You are never too old to set another goal or to dream a new dream« (C.S.Lewis)

Wie schafft man also die richtigen Voraussetzungen für eine gesteigerte Lernkompetenz?

  • Machen Sie sich bewusst, dass man auch bei »alten« Themen noch etwas Neues lernen kann.

  • Seien Sie offen für neue Perspektiven

  • Erinnern Sie sich an das wunderbare Gefühl des Kompetenzbewusstseins nachdem Sie etwas neu Erlerntes in der Praxis integrieren konnten.

  • Bedenken sie: Stillstand macht auf Dauer unglücklich

  • Machen Sie sich bewusst, dass man nie zu alt ist, um weiter zu lernen

In unserer Welt ist es leider ein weitverbreiteter Irrtum, dass die Lernfähigkeit mit dem Alter abnimmt. Nur die Lerngeschwindigkeit kann mit der Zeit etwas sinken, die Ergebnisse insgesamt unterscheiden sich bei 20jährigen jedoch kaum von 70jährigen. Das Lernen scheitert dann höchstens wegen der schlechten Selbsteinschätzung, basierend auf Vorurteilen, die ältere Menschen am Lernen hemmen1.

Motivatoren finden und aus der Routine ausbrechen

Beim gelungenen Bewältigen neuer Aufgaben blühen wir auf, entdecken neue Seiten an uns und haben ein sehr ausgeprägtes Kompetenzerleben, was uns sonst in der Routine des Alltags irgendwann abhanden kommt. Diese Ratschläge können helfen den mentalen Weg zum Lernen zu ebnen:

1. Finden Sie heraus was Sie persönlich motiviert, sei es Anerkennung, vielleicht Aussichten auf mehr Geld, das bereits erwähnte Kompetenzempfinden oder das Flowgefühl. Klar ist, dass intrinsische Motivationsfaktoren das Lernen noch leichter machen und helfen die Lerninhalte besser zu verankern.

2. Halten Sie sich Ihr persönliches Ziel vor Augen und brechen Sie dieses in Zwischen- und Teilziele herunter. Jedes kleine erreichte Ziel motiviert dann bereits für den nächsten Schritt.

3. Schalten Sie Ihre »inneren Programme« um: Bevor Sie sich an die Aufgabe setzen, hören Sie genau hin, welche Reaktion ihr Kopf und Körper haben. Verselbständigen sich die Gedanken bereits von Anfang an mit »ich kann mich nicht konzentrieren«, oder »ach das kenn ich doch bereits«, dann denken Sie bewusst um. Motivieren Sie sich mit ihrem persönlichen Motor (s.o. Punkt 1).

4. Suchen Sie sich eine Lernmethode die zu Ihnen passt, ob Sie autodidaktisch begabt sind, gerne in Gruppen lernen, Wert auf Interaktivität legen oder einfach gerne zu Vorträgen gehen, der richtige Rahmen fürs Lernen ist schon die halbe Miete.

5. Denken Sie daran, dass der Satz »Ich weiß, dass ich nichts weiß« für alle von uns eine große Bedeutung haben sollte. Lernen ist eine lebenslange Aufgabe, die wir im Erwachsenenalter selbst koordinieren müssen. Aber davon auszugehen, man wisse sowieso schon alles was man wissen muss, ist doch ein wenig vermessen und in der heutigen Wissensgesellschaft, in der Stillstand die Todsünde Nummer eins ist, nicht unbedingt die beste Einstellung.

Quelle: http://www.zeit.de/2013/49/interview-lernforscher-aeltere-neues-lernen
Bild: Pixabay

Tags: Lebenslanges Lernen Weiterbildung