Transfer von Erfahrungswissen / Warum ist es so schwierig?

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Mag. Klemens Keindl fasst in diesem Interview die wichtigsten Stolpersteine zum Thema Wissenstransfer zusammen und zeigt wie man Defizite vermeidet.

Was sind die wichtigsten Empfehlungen, damit man als Unternehmen rechtzeitig und richtig reagieren kann, falls eine unerwartete Veränderung Kündigung, Beförderung, Karenz oder Pensionierung ansteht?

Die wichtigste Empfehlung ist, Wissensaustausch als kontinuierliche Aufgabe zu verstehen. Alles andere ist Feuerlöschen, um Schaden zu begrenzen. Bei kurzfristigen Personalveränderungen ist für den Wissenstransfer die Qualität der Beziehung zu Vorgesetzten und Kollegen entscheidend. Ist diese gut, sollte man rasch klären, wer Aufgaben zumindest zwischenzeitlich übernimmt und diesen Personen helfen, ihren Wissensbedarf zu benennen. Durch Fragen nach Erfolgsfaktoren, Fettnäpfchen, den wichtigsten Kontakten etc. kann man auch in kurzer Zeit etwas retten.

Ist die Beziehungsebene gestört, kann es helfen einen ausscheidenden Mitarbeiter alleine mit einem Nachfolger und einen strukturierten aber informellen Themenkatalog zu lassen, um auf der Sachebene alle Möglichkeiten auszuschöpfen. Umso unbelasteter der Nachfolger desto besser.

Wieviel Zeit sollte man für solche Projekte einplanen?

Der letzte Tag kommt immer wie Weihnachten. Eine gute Faustformel ist es, eineinhalb bis zwei Jahre vor Ausscheiden eines Mitarbeiters zu starten. Resturlaub, besonders wichtige Aufgaben und normale Fehlzeiten durch Urlaub und Krankheit reduzieren das Zeitfenster schneller, als die Akteure anfangs denken. Bei der Planung sollte man überlegen, ob es Aufgaben gibt, die nur einmal im Jahr oder seltener erforderlich sind. Das kann die Budgetierung des Jahres sein, die Zieldefinition für einen Bereich, ein Messeauftritt, Strategiemeetings etc. Oft tritt so eine wissensintensive Aufgabe auch nicht jedes Jahr auf, sodass für wichtige Positionen auch 3 – 4 Jahre im Voraus geplant werden sollte. Der Wissenstransfer selbst muss dann nicht gleich starten.

Wenn im Facharbeiterbereich schwer verbalisierbares Erfahrungswissen vorliegt, dass beispielsweise mit einer Sensibilisierung der Wahrnehmung verbunden ist (Beschaffenheit von Stoffen, der Klang von Maschinen etc.), sollte ebenfalls früh begonnen werden.

Wie kann man Wissenslücken, die bereits beim Vorgänger vorhanden waren und erst beim Transfer an die Oberfläche kommen, am besten füllen?

 Ein Stellenwechsel ist nun für viele Führungskräfte eine gute Gelegenheit, einige Aufgaben in Zukunft anders anpacken zu lassen. Zunächst muss man aber verstehen, dass solche Lücken meist bestehen, weil ein Vorgänger eine bestimmte Vorgehensweise oder Aufgabe schlicht nicht wollte. Ist ein Nachfolger dafür offen oder soll er dafür geöffnet werden, kann man ihm Unterstützung beim strukturierten Aufbau von eigenem Erfahrungswissen anbieten. Dieses Vorgehen ist generell bei der Einarbeitung neuer Mitarbeiter nützlich, wenn man bei Ihnen in kurzer Zeit eine steile Lernkurve anstrebt. Als Methoden sind hier beispielsweise die Wissenslandkarte (siehe Artikel), Lessons-Learned Prozesse zur Auswertung von Erfahrungen und insgesamt der strukturierte Austausch in Teams wichtig. Wenn es um soziale und personale Kompetenzen geht, die entwickelt werden sollen, kann ein Mentoring helfen.

In welcher Form kann man von der GfP am besten begleitet werden? Was ist konkret zu tun?

Die Begleitung kann in verschiedenen Formen stattfinden:

  • Analyse zur Identifikation von besonders wichtigen Erfahrungsträgern und Empfehlungen zum selbstständigen Wissenstransfer
  • Workshops für Führungskräfte zur Analyse ihres Bereichs und zur Schulung von Methoden zum einmaligen oder kontinuierlichen Wissenstransfers
  • Trainings für Personalentwickler zur Begleitung des Wissenstransfers in verschiedener Rahmenbedingungen und jeweils unterschiedlichen Methoden und Zeiträumen.
  • Begleitung eines Wissenstransfers als Politprojekt zur Schulung eines Mitarbeiters, der die Aufgabe der Begleitung später selbstständig übernimmt.
  • Begleitung eines Wissenstransfers – ohne Schulung eines Mitarbeiters