Skrupellose Chefs
Über das Thema der psychopathischen und narzisstischen Auffälligkeiten in Chefetagen stolpert man in letzter Zeit immer häufiger. Psychopathische Eigenschaften in abgemilderter Form fördern angeblich den Erfolg[1].
Dies trifft vor allem in unserer gegenwärtigen Welt zu, in der die Veränderung und der Wandel von Wirtschaft und Gesellschaft einen besonderen Stellenwert einnehmen.
Das behauptet auch Psychologe Kevin Dutton in seinem Buch »Psychopathen. Was man von Heiligen, Anwälten und Serienmördern lernen kann«. Diese Personen können sich besser gegen andere durchsetzen und lassen sich von den Anliegen anderer nicht blockieren. Im Management sind genau diese Eigenschaften extrem gefragt.
Psychopathie und Empathie
Auch die Empathie Forschung gewinnt in den letzten Jahren immer mehr an Popularität. Der Spiegel widmete sich diesem Thema, unter dem Titel »Die Magie des Mitgefühls«. In einem Interview erklärt der Hirnforscher Christian Keysers, dass Psychopathen sehr wohl die Fähigkeit besitzen Empathie zu empfinden. Der Unterschied zu anderen Menschen, liegt allerdings darin, dass sie dies sozusagen auf Knopfdruck kontrollieren können. Sie haben das Talent zum Mitgefühl nach eigenem Willen und können es ausschalten, wenn sie es für unnütz oder gar störend empfinden[2]. Andererseits können sie anderen gegenüber sehr charmant und einnehmend sein, wenn sie sich davon einen persönlichen Vorteil versprechen.
Menschen die man nicht direkt als Psychopathen bezeichnen würde, die allerdings »psychopathische« Züge aufweisen, sind dazu prädestiniert in Managementpositionen besonders erfolgreich zu sein. Bei Umstrukturierungen, Entlassungen und risikobelasteten Entscheidungen verspüren sie weder Druck, noch Schuldgefühle oder Angst. Dadurch können sie schneller abgeklärte Entscheidungen treffen und verstricken sich nicht in Ambivalenzen. Diese Schlussfolgerung bestätigt auch Robert Hare von der British Columbia Universität in einer empirischen Studie. Nach diesen Ergebnissen gibt es im Management von Unternehmen mehr Menschen mit psychopathischen Zügen als in der Bevölkerung allgemein.
»Psychopatheny« im Management
Bei dem Begriff Psychopath haben vermutlich viele Menschen ein Bild von der Figur Patrick Batemans, aus American Psycho im Kopf. Doch an dieser Stelle muss betont werden: Erstens werden Psychopathen in den seltensten Fällen gewalttätig und somit zu klinischen Fällen[3] und zweitens wird der Begriff Psychopathie in der Psychologie aufgrund der extremen Konnotationen, zunehmend durch eine neutralere Formulierung abgelöst. Es handle sich dabei im Fachjargon um eine ausgeprägte Form von dissozialer oder antisozialer Persönlichkeitsstörung. Häufig leben und arbeiten Menschen mit psychopathischen Auffälligkeiten, unter erfolgsversprechenden Umständen, in leitenden Positionen und können dabei sehr charmant und überzeugend sein. Im Falle einer komplett fehlenden Empathie wäre dies gar nicht möglich.
Was heißt das für den Berufsalltag?
Die besonders problematischen Eigenschaften eines »Psychopathen« können sich durch Machtverhältnisse, die ihn begünstigen noch mehr verstärken. Narzisstische Eigenschaften, oberflächlicher Charme, krankhaftes Lügen, geringes bzw. kontrolliertes Empathieempfinden, fehlendes Verantwortungsbewusstsein, Impulsivität und Disziplinlosigkeit sind die augenscheinlichsten Eigenschaften dieser Personen. Andererseits haben sie eben gewisse Stärken, die sie hoch hinaus kommen lassen, weshalb Psychologen und Management- Lehrer manche dieser Persönlichkeiten glorifizieren.
Ähnliches gilt im Übrigen auch für die Kategorie der Narzissten. Ihre größten Stärken liegen im Auftreten und in ihrer Überzeugungskraft. Sowohl Narzissten, als auch Menschen mit psychopathischen Zügen verstricken sich nie in Ambivalenzen wenn Entscheidungen anstehen. Steve Jobs und Mark Zuckerberg werden dabei bevorzugt als Positiv-Beispiele angeführt. Dadurch entsteht leicht der Eindruck, dass Narzissmus an sich ein Erfolgsfaktor sei. Auch in der Presse wurde die Thematik sehr positiv beleuchtet. Mit einem Zitat des österreichischen Vorzeigeökonoms Joseph Schumpeter wird ein Plädoyer für die Nützlichkeit von Ausnahmemanagern, mit pathologischen Zügen, eröffnet. »Nur solche Ausnahmemenschen haben das Talent zur schöpferischen Zerstörung. Sie ziehen Ressourcen aus ihrer alten Verwendung heraus und führen sie einer neuen zu.«[4]
Im heutigen Umfeld, wo Wirtschaft und Gesellschaft sich in so schnellem Wandel befinden, entwickeln sich Karrierewege, für die solche »Ausnahmemanager« prädestiniert sind. Vermutlich werden sie sogar gebraucht. Für ein Unternehmen bedeutet das kurzfristig einen Vorteil. Mittel- oder langfristig gesehen, wird jedoch die Unternehmenskultur zerstört, wenn man ihnen nicht Manager zur Seite stellt, die sie in Schach halten. Ob man sich als »normale Person« tatsächlich Charaktereigenschaften aneignen sollte, die aus der pathologischen Ecke kommen, nur um den Erfolgsfaktor zu steigern, bleibt fraglich.
[1] http://www.format.at/articles/1328/527/361843/psycho-krieg-buero
[2] Spiegel Ausgabe 29/ 2013, S. 123/ 124
[3] http://www.format.at/articles/1328/527/361843/psycho-krieg-buero
[4] Besessene Chefs und ihre Dämonen: Die Presse am 27./28.Juli 2013, Karrieren S.K4
Bild: Pixabay
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