»Führungsqualität« mit nur 1 Frage messen

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Es ist mit einer einzigen Frage mehr ein »Wärmeleitbild« denn eine Umfrage – aber dennoch haben im Frühjahr 2018 rund 300 Personen aktiv daran teilgenommen. Richtig hitzig wird es nun bei der Auflösung der »1-Frage-Umfrage«. Keep cool!

Waermefoto_WinkekatzeDie Beurteilung der Führungsqualität von direkten Vorgesetzten einzufangen ist eine der elementaren Herausforderungen in Personalabteilungen. Nicht selten taucht dieser Aspekt bei Umfragen unter Angestellten noch vor der Zufriedenheit mit dem Verdienst auf.

Kann man mit einer einzigen Frage eine stichhaltige und sinnvolle Umfrage zum Thema »Führungsqualität der direkten Führungskraft« innerhalb einer Organisation machen?

Das Spannende daran ist einerseits die Frage selbst und andererseits der in einer Studie erhobene signifikante statistische Zusammenhang einer 24-Fragen-Umfrage, die den sogenannten KAARMA-Index der Führungskraft misst und der besagten Einzelfrage, die unter dem Begriff Net Promoter Score (NPS) bekannt ist – und in unserem Fall so lautet:

»Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie Ihre Führungskraft einem Freund oder Kollegen weiterempfehlen?«

Frederick Reichheld, der Erfinder des Net Promoter Scores trat 2012 mit dem bewusst überspitzten Appell »Stampft eure aufwendigen Kundenzufriedenheitsbefragungen ein. Ab jetzt braucht ihr nur noch eine Frage!« an und wies nach, dass Unternehmen, deren Kunden*innen bei der Weiterempfehlungsbereitschaft für ein Unternehmen besonders häufig den Wert 9 oder 10 vergaben (relativ zu durchschnittlichen und schlechten Bewertungen), ein starkes Marktwachstum verzeichneten.

Welchen Aussagewert kann 1 Frage haben?

Statt vieler kundenbezogener Performance-Indikatoren nur noch einen einzigen beobachten? Das erschien vielen Managern hoch attraktiv. Selbstredend wurde das NPS-System seit seiner Vorstellung eingehend untersucht und auch heftig kritisiert. Dennoch erfreut es sich nach wie vor großer Beliebtheit in Marketing- und Vertriebsabteilungen.


Dr. Nico Rose, Forscher und Berater zu den Themen Positive Psychologie und Führung aus Hamm/Westfalen hat gemeinsam mit Michael F. Steger von der Colorado State University 586 deutsche Arbeitnehmer*innen online zur Wahrnehmung ihrer direkten Führungskraft befragt. Im Rahmen dieser Studie über Führungsqualität wurde deutlich, dass eine konkrete Frage zur Führungsqualität die gleiche Aussagekraft haben kann wie eine deutlich längere multidimensionale Befragung.


Der GfP-Small-Talk zur »1 Frage-Umfrage«

Im »GfP Small Talk« widmeten sich diesmal folgende Personen dem Phänomen und der Sinnhaftigkeit, den Net Promoter Score bei der Ermittlung der »Führungsqualität« in einer Organisation anzuwenden: Bernhard Einsiedler, Christian Koudela, Günther Marincelj, Alexander Schön, Clemens und Florian Stieger.

Günther Marincelj: Ich finde die Fragestellung spannend und interessant – mit einer einzigen Frage … geht das überhaupt? Ich glaube, dass die kurze Frage einen guten Hinweis geben kann, wieviel Zeit und Aufwand man in weitere Nachforschungen und Umfragen stecken soll und muss.

Florian Stieger: Was ich schön finde, ist die grundsätzliche Idee und Vorstellung, mit nur einer Frage Rückmeldung zu bekommen, wie gut meine Führungsleistung ist. Und wenn das in 36 Sekunden geht – wie das unser Feldversuch mit immerhin 276 Umfrageteilnehmern durchschnittlich gezeigt hat – ist das ein spannender Gegenpunkt zu vielen langwierigen Umfragen.

Bernhard Einsiedler: Schnelle Umfragen machen natürlich Sinn. Aber im Gegensatz zu 360-Grad-Umfragen ergibt sich hier ein sehr eindimensionales Bild, da ja nur Kollegen und Kolleg*innen zu Wort kommen, keine Vorgesetzten oder deren Kolleg*innen. Und der Kunde von »Führung« sind eben nicht nur die Mitarbeiter*innen. So ein punktuelles Flashlight hat insofern Charme, als auch Führung mehr und mehr lateral passieren wird und muss, aber im Kern hat so eine Umfrage wenig mit dem Thema »Führungsqualität« zu tun.

Clemens Stieger: Diese eine Frage kondensiert ja schon einiges – und verlangt dem Umfrageteilnehmer eine Entscheidung ab. Einerseits die Daumenfrage – geht er nach oben oder nach unten – und andererseits als Hürde noch die Gewissensfrage: Empfehle ich es weiter? Die Frage zwingt zur Bewertung, und das finde ich das Reizvolle daran.

Christian Koudela: Ich finde die Frage eine sehr gute. Wenn ich Aussagen darüber erhalte, ob die Mitarbeiter meiner Firma mich als Führungskraft weiter empfehlen, dann erhalte ich keine Informationen über meine Führungsqualität. Diese rein quantitative Methode – also wo man auf einer Skala von 1 bis 10 einen Wert markiert – greift da zu kurz, da braucht es Interviews, Gespräche, Workshops …, um die »Führungsqualität« zu erarbeiten und vielleicht auch die Bedeutung dahinter zu klären.

Alexander Schön: Auch wenn es wissenschaftlich und statistisch kaum haltbar ist, Kundenloyalität auf die Weiterempfehlungsfrage zu reduzieren – aber es gibt tatsächlich eine signifikante Korrelation zwischen dem Erfolg eines Unternehmens und dem positiven Net Promoter Score. Trotzdem glaube ich, dass man die »Führungsqualität« in einer Firma nicht so einfach messen kann, auch nicht mit einem 360-Grad-Feedback. Aber ein differenziertes Feedbacksystem ist geeignet, Leute in einen Dialog über bestimmte Themen zu bekommen. Da sind dann allerdings unterschiedliche Perspektiven notwendig – seitens der Kolleg*innen, der Mitarbeiter*innen, der Führungskraft etc.

Bernhard Einsiedler: Ich sehe diese Umfrage als Datensammlung, die es einem gut ermöglicht, Erwartungsabgleiche durchzuführen.

Clemens Stieger: Positiv sehe ich, dass bei diesem Fall die Frage »Was ist gute Führung?« nicht im Raum schwebt. Wenn man das damit vergleicht und in Relation stellt, wie viele Menschen oft schon bei der Beantwortung der Frage hilflos sind, »ob sie eine gute Führung haben«.

Christian Koudela: Die Befragung ist meiner Meinung nur so sinnvoll, wie die Diskussion und der Dialog, der danach kommt – um die Wahrheiten, die Wahrnehmungen aufzulösen, aufzuwerten, zu diskutieren und daraus dann etwas zu verbessern.

Alexander Schön: Sobald sich da Themen herauskristallisieren, geht es nicht um Wahrheit, sondern ausschließlich darum, spezifische Wahrnehmungen zur Verfügung zu stellen, sie zu kontrastieren und dann herauszufinden, was für beide Seiten Sinn macht und was man davon für eine bessere gemeinsame Zukunft nutzen kann. Darin sehe ich schon einen Wert.

Günther Marincelj: Ich sehe eine Gefahr darin, dass durch die Reduzierung und Vereinfachung auf eine Frage unter Umständen gar kein Dialog zustande kommt – wenn zum Beispiel eine Führungskraft guten Zuspruch erhält (9 von 10) und zudem, dass ein Popularitäts-Contest zwischen den Führungskräften entstehen könnte … und man das dann abhakt und gar nicht weiter redet.

Fazit

Die 1-Frage-Umfrage als auch der aufwändige 24-teilige Index zeigen ein außerordentlich hohes Maß an Übereinstimmung. Man kann also die eine oder die andere Methode nutzen, um Informationen zur »Führungsqualität« zu erhalten. Will man möglichst ressourcensparend die Führungsqualität messen, kann man schlicht auf die Weiterempfehlungsrate zurückgreifen. Natürlich ist die Aussagekraft beider Methoden nicht identisch. Nur weil man weiß, dass eine Führungskraft (nicht) weiterempfohlen wird, weiß nicht im Detail, warum dies der Fall ist.
Für ein nachhaltiges Management der Führungsqualität wäre es also opportun, Verfahren zu kombinieren: Die Weiterempfehlungsrate kann in kurzen Abständen erhoben werden, um Handlungsbedarfe frühzeitig zu erkennen. Die umfangreicheren Methoden können in größeren Abständen ergänzend genutzt werden.

Die Methodenkombination kann ergo helfen, einem der dringlichsten Ziele der Personalarbeit Herr zu werden: unseren Mitarbeitern*innen jene Art von gelungener Führung angedeihen zu lassen, die sie verdienen.

TIPP: Wenn Sie eine leichtfüßige Umfrage machen wollen, die in den Dialog führen soll – weniger im Schulnoten-System, sondern eher ein »Wärmeleitbild« –, wenn Neugier geweckt werden soll und keine Abstimmung gemacht – dann haben wir mit »MORE-THAN-CHECKS« (MTC) das richtige Umfrage-Tool für Sie: Von Hinweisen zur Wirksamkeit von Führungen in Organisationen über Diagnostik der Mitarbeiterzufriedenheit bis zu 360-Grad-Feedbacks ...

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