Wissen kompakt: »Organisationales Burnout«

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Nicht nur Mitarbeiter, sondern auch Organisationen können ausbrennen … und in einen Zustand geraten, in dem nichts mehr geht. Welche (frühen) Anzeichen es zu erkennen gilt und wie man gegensteuern kann, lesen Sie hier.

hBt21 02 6a OBO 300x200Von Clemens Stieger

Ein Zustand »physischer, emotionaler und mentaler Erschöpfung aufgrund langanhaltender Einbindung in emotional belastende Situationen« – , wie er nach Ayala Pines für Individuen als »Burnout« dargestellt wird, kann auch auf organisationaler Ebene beschrieben werden.

Dieses Phänomen wird als Organisationales (engl. organizational) Burnout (OBO) bezeichnet. »Ein Organisationales Burnout liegt vor, wenn sich eine Organisation in einem erschöpften und paralysierten Zustand befindet und diesen als unerwünscht erkannten Zustand mit eigenen Ressourcen nicht mehr positiv verändern kann«, so eine Definition von Gustav Greve (2018).

Die vier typischen Phasen eines OBO 

Latente Phase

Die Produktivität nimmt schleichend ab. Die internen Anforderungen verlangen den Mitarbeitern mehr Zeit und Energie ab. Die Abläufe des Betriebs funktionieren nicht mehr reibungslos.

 Akute Phase

Es werden zunehmend Unsicherheiten spürbar, Dynamik geht verloren. Teilweise entwickelt sich eine zynische Stimmung im Team, Gespräch laufen informell, beteiligte Mitarbeiter leisten weniger, sondern spielen Motivation und Arbeit vor. Innovationen finden zu diesem Zeitpunkt kaum oder gar nicht mehr statt.

Chronische Phase

Wird der Organisational Burnout chronisch, beginnen die Führungskräfte sich zurückzuziehen. Auf allen Hierarchiestufen entsteht das Gefühl, der Situation hilflos und machtlos gegenüberzustehen. Es kann ein überraschender Wechsel im Management vorkommen, der einen neuen Anfang bringen soll. Das Unternehmen muss außerdem verkraften, dass es von seinen Leistungsträgern verlassen wird und die Mitarbeiter, die übrig bleiben, innerlich kündigen. Dadurch verliert die Firma wertvolles Know-how und langfristig die Leistungsbereitschaft seiner Mitarbeiter.

Letale Phase

Ab diesem Zeitpunkt erreichen die Führungskräfte die Mitarbeiter*innen nicht mehr. Hoffnungslosigkeit und Kontrollverlust macht sich breit. Es gibt eine diffuse Hoffnung nach einer »Erlösung« und Neubeginn. Die Situation ist zunehmend hoffnungslos, verschärft durch das Fehlschlagen vorheriger Versuche. Das Unternehmen findet sich mit dem eigenen Schicksal ab und wird passiv.

Resignative Trägheit als quasi »organisiertes« Burnout

Die Bezeichnung »Organizational Burnout« wird allerdings manchmal auch für die Beschreibung eines durch die Form oder Abläufe einer Organisation verursachten – also quasi »organisierten« – Burnout von Beschäftigten verwendet. Wenn beispielsweise Prozess und Strukturen der Arbeit eine Entfremdung und Erschöpfung erzeugen.

Heike Bruch hat ein ausführliches Konzept zu »Organisationaler Energie« erstellt. Sie würde in diesem Fall von »resignativer Trägheit« sprechen.

Weiterführende Quellen:

Bruch, H. & Vogel, B. (2009). Organisationale Energie. Wie Sie das Potenzial Ihres Unternehmens ausschöpfen. Frankfurt: Springer Gabler

Dilk, A. & Littger, H. (2008). Organisationales Burnout. Das ausgebrannte Unternehmen. managerSeminare 125, August 2008, Seite 18-24

Greve, G. (2018). Organizational Burnout: Das versteckte Phänomen ausgebrannter Organisationen. Springer Gabler

Zajitschek, S. (2020). Unternehmen zwischen Hochleistung und Burnout: Organisationale Gesundheit als Metakompetenz für paradoxe Zeiten. Heidelberg: Carl-Auer 

Weiterführende Lektüre (auf Englisch):

How to Lead When Your Team Is Exhausted — and You Are, Too

Tags: Corona-Lethargie Organationelles Burnout