Soft Skills oder der Wolf im Schafspelz der Kommunikation

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#Beratungssplitter Nr. 43
Von Alexander Schön

Vor kurzem sagte eine Führungskraft am Rande eines gemeinsamen Workshops zu mir: »Ich glaube, diese soft skills sind gar nicht so soft wie sie vorgeben zu sein.« Und auf meine Frage, wie sie denn da jetzt draufkäme, meinte sie: »In Zeiten von fast pausenlosen virtuellen Meetings braucht es jetzt zusätzliche Fähigkeiten von mir als Managerin um beim Gegenüber anzukommen – und umgekehrt.«

Ich war verblüfft und erfreut zugleich. Mir waren die Begriffe hard skills und soft skills immer schon verdächtig. Sie vernebeln und halten für Schubladen her. Sätze wie »Wir brauchen keine Weicheier in Führungspositionen, sondern taffe Manager!« klingen noch in meinem Ohr. Auch wenn es schon mehrere Jahre her ist – die Haltung dahinter offenbart sich noch immer bei nicht wenigen Führungskräften.aneu230x200 dan cristian padure 1CB5xjwssTI unsplash KopieEs war wahrscheinlich kein Zufall, dass es eine weibliche Führungskraft war (das ist wohl ein anderes Thema …) – aber einige Zahlen unterstreichen die Aussage: Verglichen mit dem ‚durchschnittlichen Lernenden‘ konzentrierten sich Manager 24 Prozent mehr auf das Erlernen von Soft Skills, laut dem LinkedIn Learning's Workplace Learning Report 2021. Laut einer Studie von HR Dive sahen sich im April 2020 die Nutzer von LinkedIn Learning dreimal so viele Stunden an Kursen an wie im Februar desselben Jahres. Im gleichen Zeitraum griffen zehnmal so viele Nutzer auf Kurse rund um Stressbewältigung und Resilienz zu, und Führungskräfte nutzten am häufigsten Entwicklungsangebote – insbesondere solche mit einem Schwerpunkt auf dem Erlernen von Soft Skills.

Es ist unbestritten: Die erfolgreichsten Führungskräfte der letzten Zeit waren diejenigen, die am flexibelsten und anpassungsfähigsten waren und schnell reagierten, um das Unternehmen am Laufen zu halten. Was jetzt zu tun ist, steht üblicherweise nicht in den Management-Handbüchern. Das ergibt sich aus den sich permanent verändernden Rahmenbedingungen. Wir haben gut eineinhalb Jahre anstrengende Arbeit hinter uns, und auch wenn es immer schon emotionale Grundbedürfnisse waren: gerade jetzt wollen Mitarbeiter*innen gesehen, gehört, (an)erkannt, und beachtet werden. Sie wollen Sicherheit – vom Existenziellen in der Gegenwart bis hin zur attraktiven Vorstellung von Zukunft. Und jede(r) in unterschiedlichem Ausmaß und Form.

Das zu erkennen und vermitteln erfordert ein zusätzliches Gespür seitens der Führung. Manche Mitarbeiter*innen vermeiden es, sich zu äußern, weil sie Angst vor Vergeltungsmaßnahmen haben, andere übertreiben durch bloßes Einfordern – vergessend, dass Führen auch Folgen braucht.

Führung ist Kommunikation ist Kommunikation ist Kommunikation ist Kommunikation. Das hat ohnehin schon immer gegolten. Aber gerade jetzt tun Führungskräfte gut daran, die Voraussetzungen dafür schaffen, dass Dialoge und Gespräche gedeihen können, indem sie konsequent an der Kommunikation arbeiten und in einer unsicheren Welt ein Gefühl des Vertrauens, der Sicherheit, der gegenseitigen Anerkennung und Wertschätzung aufbauen.

Das kann man lernen und braucht Übung. Mit einer könnten Sie beispielsweise schon beginnen:
Starten Sie Team-Meetings, indem Sie erzählen, was Sie in der vergangenen Arbeitswoche gelernt, gelesen oder entdeckt haben – wenn die Führungskräfte zugeben, dass sie ihre Arbeitszeit u.a. damit verbracht haben, ihre persönlichen oder beruflichen Erfahrungen zu erweitern, werden sich die Mitarbeiter ermutigt fühlen, dies auch zu tun.

In diesem Sinne: ein Hoch auf die soft skills! Und Vorsicht: die sind nicht so harmlos, wie sie vorgeben zu sein ……

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