Lernen ist nur ein anderes Wort für Business – oder auch umgekehrt …

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 #Beratungssplitter Nr. 61

Von Alexander Schön 

Letzten Donnerstag trafen sich 16 hochmotivierte und engagierte Lernende, um im Rahmen eines 24-Stunden-Hackathons (#CLCA) konkrete Vorstellungen und innovative Szenarien über die Zukunft des Lernens in Organisationen zu erarbeiten. Es war ein bunter Mix aus intern und extern agierenden Lernbegleiter:innen sowie Personal-/Organisationsentwickler:innen Schon die Vorstellungsrunde machte Lust auf einen intensiven Austausch all der unterschiedlichen Bilder, für die die Teilnehmenden standen.

Wir diskutierten Konzepte, Modelle und Erfahrungen, stellten fest, dass es weniger ein neues Lernen, als vielmehr ein neues Lehren braucht, dass Pädagogik und Didaktik weiter hinter den heutigen technologischen Möglichkeiten hinterherhinken, dass das Arbeiten in der Pandemie die Notwendigkeit von Lernen in jeder Hinsicht drastisch aufgezeigt hat, dass Organisationsbarrieren für Lernen abgeschafft (und andere hinzugefügt) wurden, dass physische Lernräume um virtuelle erweitert wurden und vieles andere mehr.

Eine Frage hat mich als Unternehmensentwickler auch über den Hackathon hinaus beschäftigt: Setzen wir – wenn es darum geht, Lernen in der Organisation zu verankern – dort an, wo es das Unternehmen braucht, oder bei dem, was wir wirklich gut können?
Ich fürchte, da geht manchmal unsere Expertise mit uns durch. »Wenn das einzige Werkzeug, das man hat, ein Hammer ist, ist es verlockend, alles zu behandeln, als ob es ein Nagel wäre.« hat Abraham Maslow so treffend formuliert. Mit Technik auf eine Kulturfrage zu antworten ist wohl ebenso wenig hilfreich, wie Lernstrukturen etablieren zu wollen, ohne die Führung in die Pflicht zu nehmen.
Ein Aspekt, der zwar oftmals gesehen, aber nicht adäquat adressiert wird, ist die Beziehung zwischen Business-Verantwortlichen (Management) und Lernbegleiter:innen (intern und/oder extern).

charlesdeluvio AT5vuPoi8vc unsplashHier treffen unterschiedliche, oft sogar gegensätzliche Erwartungshaltungen aufeinander. Das Management fordert die jeweils passende Qualifikation für das Lösen der gerade anstehenden Herausforderung – ignorierend, dass Qualifikation alleine nicht entscheidend ist, sondern situationsadäquates Handeln, unterstützende Strukturen und Prozesse, fluide Zielsetzungen, praktische Agilität und entsprechende Resilienz. Umgekehrt bauen Lehrverantwortliche gerne pädagogische Eigenwelten auf. Sie wissen, dass Lernen Zeit braucht, und negieren mitunter, dass mit Reflexion, Einsicht und Aufklärung aber noch keine Business-Herausforderungen gelöst sind.
Das muss nicht zwangsläufig an den handelnden Personen liegen – hier treffen unterschiedliche »Professionen« aufeinander. Professionell handeln meint, typische Handlungsmuster auszuprägen, denen ein bestimmtes Verständnis zugrunde liegt, aus dem man sich steuert. Die Steuerungslogik einer Managerin ist eine andere als die eines Weiterbildners. Aber aus beiden werden Fragen und Antworten formuliert sowie Kompetenzen entwickelt, die darauf abzielen, Organisationen weiterzubringen.

So nachvollziehbar die Haltungen und Handlungen der Protagonisten auch sind – man begegnet sich selten auf Augenhöhe. Diese Art von »professioneller Arroganz« verhindert Lernen. »Du verstehst nicht, wie Lernen funktioniert.« gegen »Du verstehst nicht, wie Business funktioniert.« auszuspielen, ist nicht hilfreich, im Gegenteil. Übertrieben ausgeprägte Egos – egal auf welcher Seite – sind ebenso hinderlich wie (un)willkürliche Machtdemonstrationen. 
Die Anerkenntnis, dass Lernen gleich Business ist und umgekehrt Business gleich Lernen, könnte helfen, dass sich beide Professionen in ihrem Handeln mehr auf die zu gestaltende Wirklichkeit beziehen, als eine Profession über die andere stellen zu wollen. Es braucht die gemeinsame Entwicklung von Steuerungsmodellen, aus denen ein verlässliches Verhalten für die kreative Gestaltung der gemeinsamen (aber oft nicht planbaren) Zukunft abgeleitet werden kann. Das wird nur durch die Anerkenntnis der jeweils anderen Profession und der Begegnung auf Augenhöhe möglich.
Dann könnten auch Fragen angegangen werden, wie die Organisation von einem althergebrachten transaktionalen Lehren (Wissensvermittlung, Absolvieren von Lerneinheiten, Abhaken von Lernvorgaben, Zertifikate) hin zu einem transformationalen Lernen (Transfer und Wirkung) gelangt. Die Entwicklung einer Lernkultur braucht beide Professionsperspektiven.

Aber darüber in einem nächsten Beratungssplitter.…

 

 

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