Führung braucht Feedback. Von 0 Bock zu 360 Grad

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#Beratungssplitter Nr. 65

Von Alexander Schön

hBt 22 05 2 Feedback karla hernandez unsplash 200x250Brüchig, ängstlich, nicht-linear und eigentlich unbegreiflich… So schaut die Welt heute aus.
Keine leichte Situation für uns alle. Und besonders herausfordernd für die Führung. Warum ist es heute und zukünftig mehr denn je Privileg und Pflicht von guter Führung, das Unternehmen auszurichten, ihm die bestmögliche Richtung zu geben? Weil die Welt sich rasant weiterentwickelt. Sie lässt sich mit „VUCA“ längst nicht mehr hinreichend erklären. Aus volatile–uncertain–complex–ambigous wurde „BANI“, wie schon oben im Vorspann vorausgeschickt: brittle–anxious–non-linear–incomprehensible.

Was gleichgeblieben ist: Führung ist vorne; nicht auf der Spitze einer Pyramide, nicht auf einem Feldherrenhügel, nicht im Kästchen eines wie immer gearteten Organigramms. Vorn ist dort, wo führende Menschen von allen gut zu sehen sind. Und um Orientierung geben zu können, sollten Führungskräfte Werkzeuge entwickelt haben, sich selbst permanent zu verorten. Ein besonders wertvolles Instrument ist Feedback.
Aber Feedback ist nicht gleich Feedback, wie wir im Folgendem ausloten.

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Die Sache/n mit dem Feedback. Oder: Ein Dilemma kommt selten allein

Kaum jemand würde Feedback nicht als ein wertvolles Instrument betrachten, um auf Basis gemeinsamer Erfahrungen Lernprozesse für die Zukunft einzuleiten. Dementsprechend kann es hilfreich sein, regelmäßig Stimmungsbilder aus der Organisation einzuholen – über Change Monitorings, Unternehmensanalysen, Kulturdiagnosen und Führungschecks. Zum Beispiel mit einem 360 Grad-Feedback. Doch mitunter verkommen gut gemeinte Instrumente zu lästigen Übungen und richten nicht selten mehr Schaden an als sie nützen.

Das Dilemma Nr. 1 beginnt mit der Wortbedeutung: Was ist Feedback? Üblicherweise wird es mit Rückmeldung im Sinne einer Antwort übersetzt und auch so verstanden und angewandt. Ob aufgefordert oder unaufgefordert – gewöhnlich hat man es mit Meinungen, Ratschlägen, Auffassungen, Standpunkten etc. zu tun. Solche Antworten sind aber für die empfangende Person in der Regel wenig steuerungsrelevant. 

Eine andere Bedeutung hat die Übersetzung Rückwirkung i.S. einer Rückkoppelung – denken Sie nur an dieses ohrenbetäubende Geräusch, wenn ein Mikrophon zu nahe zum verbundenen Lautsprecher kommt. Idealerweise erzeugt Feedback eine Wirkung. Wirkung in Bezug auf die treffsichere Einschätzung und Gestaltung von systemimmanenter Intelligenz, von Leistungs- und Lebensfähigkeit komplexer Systeme wie etwa Organisationen. Feedback in diesem Sinne ist immer (selbst)steuerungsrelevant.

Das führt auch schon zum Dilemma Nr. 2: Die unsägliche Vermischung von Feedback und Bewertung. Das, was in Unternehmen üblicherweise unter Feedback verstanden wird, ist nicht das, was es vorgibt, zu sein.
Nur sehr selten werden inhaltliche Rückmeldungen über die Auswirkungen der Aktion einer Person gegeben. Meist sind es Einschätzungen über die Person selbst – also Urteile, Diagnosen, Fremdbilder. Und diese sind immer mit Bewertungen verbunden.
Nichts gegen Bewertung – wir bewerten ständig. Das ist wichtig, denn die Einschätzung von Wirklichkeit gibt Orientierung und ist die Grundlage für eigene Entscheidungen und die Steuerung. Nur sind diese persönlichen Einschätzungen und Beurteilungen völlig unbrauchbar für die Veränderung von Prozessen bei anderen Personen.

Feedback vs. Bewertung

Feedback und Bewertung sind unterschiedliche Kategorien von Information. Und es ist einerlei, in welcher Form – höflich, behutsam, freundlich, richtig etc. – es vorgetragen wird. Feedback ist eine Botschaft an eine Person, die dieser Person sagt, wie ihr Tun, das Ergebnis dieses Tuns und ihr Verhalten wahrgenommen bzw. verstanden werden und welche Folgen es impliziert. Es ergänzt und kontrastiert das Eigenbild durch die Wahrnehmung anderer.
Bewertung bewertet, beurteilt und zielt darauf ab, einen objektiven, überprüfbaren und allgemein gültigen Wert für die Qualität von Dingen zu bestimmen.
Meist löst schon der Hinweis auf diesen Unterschied große Irritationen unter den Führungskräften aus. Denn im besten Fall wurden sie in diversen Kommunikationsseminaren darauf vorbereitet, wie man Feedback gibt, aber kaum darauf, welche Wirkung damit erzielt wird.
Möglicherweise ist es daher vorteilhaft, in das Unternehmen hineinzuhorchen, welche Bilder von „Feedback“ in der Organisation herrschen und auf welchen kulturellen Boden ein Instrument wie ein Führungsfeedback fällt. 

Womit wir beim Dilemma Nr. 3 wären: Die Unternehmenskultur.

Feedbackkultur in den Organisationen

Trotz der aktuellen Diskussionen rund um persönliche, Team- oder organisationale Resilienz: Es gibt zu wenig Feedbackkultur in Unternehmen. Sehr vielen Top-Managern fehlt der Spiegel und es stellt sich die Frage, inwieweit nicht die Führungskräfte genau für jene Bedingungen, die organisationale und individuelle Erschöpfung, Frustration und Rückzug verursachen, verantwortlich sind.
Was wir aber – gerade in Zeiten wie diesen – bräuchten, wäre eine ausgeprägte Kultur des Feedbacks – einer steuerungsrelevanten Rückmeldung jenseits der persönlichen Befindlichkeit und hierarchie-orientierten Bewertung.

Kennen Sie das Märchen „Des Kaisers neue Kleider“? Auch wenn die zugrundeliegende Geschichte schon Jahrhunderte alt ist – es wird noch immer auf den Organisationsbühnen mancher Unternehmen aufgeführt:
Der Monarch stolziert eitel und sich selbst betrügend in seinen neuen Kleidern, die nur von Personen gesehen werden könnten, die klug und ihres Amtes würdig sind, auf dem Laufsteg auf und ab. Er ist auf Betrüger hereingefallen. Erst ein Kind löst den Schwindel auf und spricht aus, was ohnehin alle sehen: Der Kaiser trägt gar keine Kleider!

Vom Routine-Feedback zur Feedback-Routine

Um zu vermeiden, dass Führungskräfte auf die diversen Modeschöpfer von Führungs-Rezepten hereinfallen, empfehlen wir, Feedback-Routinen zu etablieren. Regelmäßige – idealerweise institutionalisierte – Feedbacks verhindern diese Inszenierungen und helfen Führungskräften, Orientierung in den sich permanent verändernden Umfeldbedingungen zu finden und umgekehrt Orientierung zu geben.
Ein Führungsfeedback (in welcher Form auch immer: ob 90 Grad oder 360 Grad) ist kein Test – und schon gar keiner, den man bestehen kann oder nicht. Aber Antworten können Hinweise liefern, wohin es sich lohnt, näher hinzuschauen. Es fördert die Dialogkultur und dient als Kompass für umsetzungsorientierte Führung.

Haben Sie noch Fragen? Oder Lust auf einen professionellen Austausch zum Thema? Wir freuen uns auf Ihre Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!!

GfP-Berater Alexander Schön ist ein ausgewiesener Spezialist für alle Formen des Leadership Feedbacks. Er ist Mitbegründer und Managing Partner der Befragungsplattform More Than Checks.

 

Image-Photo by Karla Hernandez on Unsplash 

Tags: Führung Feedback Beratungssplitter